Sehr geehrter Herr Bürgermeister Hübner,
sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung, sehr geehrte Damen und Herren,
spät sind wir dran mit unseren Haushaltsreden und der Verabschiedung des Haushalts 2023 – fast hatte ich schon befürchtet, dass wir diese wichtige und ernste Aufgabe ausgerechnet im Faschingsmonat Februar angehen müssen.
Sehr geehrter Herr Hübner, nun sind bereits 8 Monate Ihrer ersten Amtszeit als Bürgermeister unserer Stadt Markgröningen vergangen. Viel Zeit, sich langsam an die wesentlichen und wichtigen Themen zu gewöhnen, ist Ihnen sicherlich nicht geblieben. Zu vielfältig sind die Themenfelder mit offenen Aufgaben, zu groß die Herausforderungen! Dass Sie mit Schwung und einem guten und konstruktiven Stil die Herausforderungen angehen wollen, das konnte man in den letzten Monaten bereits deutlich erkennen. Richtig und wichtig ist dies in meinen Augen, denn nicht für alle Bereiche haben wir komfortabel viel Zeit – ganz im Gegenteil.
Eine der größten Herausforderungen ist unsere Haushaltsplanung, nicht nur aktuell für 2023, sondern auch darüber hinaus für die kommenden Jahre. Haushalt in Markgröningen – das war bereits vor den aktuellen globalen Krisen keine einfache Sache, das ist kein Geheimnis. Nun jedoch haben sich viele Dinge geändert, und eine Herangehensweise wie noch vor einigen Jahren ist heute nicht mehr möglich. Nicht mehr möglich auch deshalb, weil einem „strukturellen Defizit“, von dem Sie Herr Schmelzer in Ihren Ausführungen zum Haushalt völlig korrekt gesprochen haben, nicht mit der bisherigen Strategie begegnet werden kann.
Bevor ich darauf zu sprechen komme, wie wir denn nun dieser Herausforderung am besten begegnen, erlauben Sie mir die Überlegung, woher denn ein solches „strukturelles Defizit“ kommt? Zunächst und völlig offensichtlich wären da die klaren externen Einfluss-Faktoren. Die Corona- Pandemie hat alles und jeden in diesem Land auf dem völlig falschen Fuß erwischt – ein „Rezept“ zum Umgang mit dieser Situation gab es nicht. Selbst jetzt noch sind die Auswirkungen auf Wirtschaft und Arbeitswelt und damit auf eine der tragenden Säulen der kommunalen Finanzierung nicht klar. Und auch die aktuelle Situation in der Ukraine ist ein nicht abschätzbarer externer Einfluss mit einem extremen Unsicherheitsfaktor – neben ebenfalls großen Beeinflussungen der Wirtschaft, massiv
gestiegener Inflation – ganz besonders im Energiesektor - mit direkten Auswirkungen auf jeden einzelnen Bürger, stehen hier auch riesige Herausforderungen im Bereich der Flüchtlingsunterbringung an.
Leider lässt der Staat uns Kommunen nicht nur an dieser Stelle oft allein. Zahlreiche Aufgaben der Bewältigung dieses Krisenmodus, aber auch beispielsweise immer größere Aufgaben im Bereich Bildung, Energiewende oder Verkehr werden regelmäßig auf die Kommunen geschoben, ohne die Erhaltung der Leistungsfähigkeit derer angemessen im Blick zu haben. Dabei sind es doch eben Kommunen wie wir, die am Ende die einzelnen Schritte gehen müssen.
Mit dem vorgelegten Haushaltsentwurf soll den Herausforderungen angemessen begegnet werden. Ein Ergebnishaushalt, welcher mit deutlichen Fehlbeträgen planen muss, belastet jedoch nicht nur die laufende Geschäftstätigkeit, sondern ist auch für den Finanzhaushalt und damit für die Mittel für notwendige Investitionen ein großes Problem. Hohen Ausgaben des laufenden Geschäfts auf der einen Seite, besonders im Personalbereich und bei der Wahrnehmung zahlreicher zentraler und aktuell immer wichtiger werdender Aufgaben und notwendiger Investitionen der Stadt, stehen auf der anderen Seite längst nicht ausreichende Einnahmen gegenüber. Die klare Anstrengung im vorliegenden Haushalt sollte folglich darauf gerichtet sein, die Schere zwischen Ausgaben und Einnahmen zu schließen.
Mit Sicherheit sind die oben genannten externen Einflüsse hierbei für sich genommen eine große Herausforderung – externe Einflüsse zeigen jedoch stets auch – wenn Sie mir diese Bemerkung gestatten – die Schwachstellen der eigenen Organisation auf. Es ist zu einfach, sich stets auf die externen ungünstigen Faktoren zu berufen, um Dinge als nicht oder nur sehr schlecht lösbar zu entschuldigen. Vielmehr muss eine sinnvolle Strategie erarbeitet werden, um angemessen auf diese Einflüsse zu reagieren. Statt mit dem Finger auf die vermeintlich oder tatsächlich selbst unlösbaren Herausforderungen zu zeigen, brauchen wir Ansätze und Maßnahmen, mit diesen umzugehen und das Beste daraus zu machen.
In Ihrer Haushaltsrede, sehr geehrter Herr Bürgermeister Hübner, haben Sie geäußert, dass – Zitat: „einige Ursachen unserer Finanzmisere hausgemacht sind“. Über Ihre Darlegung dieser Erkenntnis habe ich mich in der Tat gefreut, denn genau dies ist die von mir gerade angemerkte Tatsache, der wir ins Auge schauen müssen. Dass wir hier entgegensteuern müssen, steht außer Frage – nicht für ganz optimal halte ich jedoch die Reihenfolge, in welcher Sie Ihre Vorschläge hierzu formuliert haben. Natürlich ist es ein Leichtes, zunächst die reine Erhöhung der Einnahmen aus Steuern und Gebühren zu fordern. Was aber, wenn eine leichtfertig beschlossene Gewerbesteuererhöhung die gerade einsetzende Erholung und Weiterentwicklung des Gewerbes abwürgt? Was aber, wenn die Menschen, die durch hohe Inflation und Energiekosten und nun an allen Ecken steigende Steuern und Gebühren belastet werden, nicht mehr in der Lage sind, ihren Alltag angemessen zu bewältigen?
Ich will nicht behaupten, dass es ganz ohne Anpassungen gehen wird – aber hier muss mit klarem Augenmaß vorgegangen werden!
Das wichtigste Gut bei der Bewältigung von Aufgaben für uns alle ist das Vertrauen unserer Bürgerinnen und Bürger – das Vertrauen, dass wir unsere Hausaufgaben machen, dass wir alle Aspekte unseres eigenen Handels zunächst auf den Prüfstand stellen, statt die Finanzierung aktueller und kommender Notwendigkeiten in unangemessener Weise den Menschen unserer Stadt zu übertragen.
Zentrales Augenmerk, um dem strukturellen Defizit zu begegnen, muss meines Erachtens daher auf einer wesentlich ganzheitlicheren Herangehensweise liegen. Waren wir es bisher vielleicht gewohnt, Themenkomplexe wie die Investition in neue Kita-Standorte, die angemessene Einrichtung von Flüchtlingsunterkünften aber auch die Entscheidung für neu zu schaffende Personalstellen mehr oder weniger einzeln zu beraten und zu beschließen, ist für die Zukunft eine Strategie unumgänglich, welche die Problemfelder in ihrer Gesamtheit und mit den jeweils gegenseitigen Auswirkungen sieht.
Gemäß dieser Herangehensweise muss sich auch unser Umgang mit den Personalkosten unserer Stadt ändern. Echte strukturelle Beschäftigung mit diesem Thema führt zur Erkenntnis, dass nicht in jedem Fall für die Bewältigung neuer oder erweiterter Aufgaben die Erweiterung der Stellen das beste Instrument ist. Vielmehr benötigen wir eine differenzierte Betrachtungsweise, welche an die oberste Stelle auch die Betrachtung bestehender Prozesse und Workflows stellt und dort Synergie- Möglichkeiten und effizientere Abläufe untersucht. Digitalisierung darf in diesem Zusammenhang keine reine Beschäftigung mit beispielsweise der IT-Ausstattung in der Verwaltung bleiben, sondern es bedarf der Anpassung bestehender Prozesse an neue, digitale Arbeitsmethoden – sowohl bei der Arbeit intern als auch im Umgang mit unseren Bürgerinnen und Bürgern. Wenn man dies richtig angeht, kann man sogar auf mehreren Seiten gleichzeitig erfolgreich sein: Wir können einige neue und erweiterte Pflichtaufgaben unter Umständen ohne allzu großen Stellenaufwuchs und zudem sogar noch mit einem echten Mehrwert in Punkto Servicequalität und Bearbeitungszeit für unsere Bürgerinnen und Bürger darstellen. Dies soll nun nicht bedeuten, dass ich mich gegen sinnvolle Stellenerweiterung stelle – tatsächlich ist mir eine personell gut besetzte und damit gut handlungsfähige Verwaltung genauso wichtig und wertvoll wie auch Ihnen. Wir sind es den Menschen unserer Stadt aber schuldig, hier bestmögliche Ergebnisse anzustreben, anstatt strukturelle Probleme ausschließlich in der Breite lösen zu wollen.
Die Entscheidung, Mittel im Haushalt für die Erarbeitung eines integrierten und ganzheitlichen Stadtentwicklungskonzeptes bereitzustellen, befürworte ich. Gerne würde ich noch einen Schritt weitergehen und hieraus zusammen auch mit der Bürgerschaft ein echtes ganzheitliches Leitbild für unsere Stadt ableiten und ausarbeiten. Ich weiß, dass man eine derartige Konzeption durchaus auch kritisch sehen kann. Schließlich werden Zeit und Geld auch anderweitig dringend benötigt. Eines ist sicher – für die Schublade darf ein solches Konzept nicht erarbeitet werden. Es soll uns befähigen, bei
Meine Damen und Herren, Sie werden bemerkt haben, dass ich in meiner Rede nicht allzu sehr auf einzelne spezifische Details des aktuellen Haushaltsentwurfes eingegangen bin. Die Diskussion über einzelne Positionen und Anträge zum Haushalt haben wir bereits in den letzten Wochen und Monaten sowohl in der Haushaltsstrukturkommission als auch im Gremium intensiv und konstruktiv geführt. Einfach war dies nicht – und ob der aktuelle Haushaltsentwurf den anstehenden Herausforderungen angemessen begegnen kann, wird sich zeigen müssen. Hier und heute habe ich dagegen den Blick auf einen ganzheitlichen Ansatz gewagt, einen Ansatz, den wir im kommenden Jahr, nein, für die kommenden Jahre, unbedingt gehen sollten!
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Verwaltungsmitarbeitende, liebe Ratskolleginnen Ratskollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Wenn es gelingt, diese strukturelle Herangehensweise zusammen mit Ihnen allen umzusetzen, dann bin ich gewiss, dass wir es schaffen werden, den Aufgaben der kommenden Zeit gut zu begegnen. Den vorgelegten Haushaltsentwurf nun – mit den richtigen Ansätzen - in die Tat umzusetzen, um handlungsfähig zu bleiben, um das Vertrauen unserer Bürgerinnen und Bürger zu gewinnen und zu erhalten, und um die Stadt gemeinsam durch schwierige Zeiten in eine gute Richtung zu entwickeln, das ist die wesentliche Aufgabe von uns allen. Die Motivation ist allseitig vorhanden – lassen Sie uns loslegen!
Bedanken möchte ich mich in diesem Sinne abschließend und ganz herzlich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt für die stets engagierte Erfüllung der Aufgaben und die gute Zusammenarbeit. Und natürlich wäre unsere Stadt gerade in der aktuellen Zeit nicht dieselbe ohne die zahlreichen weit über das normale Maß hinaus engagierten Bürgerinnen und Bürger, die im Ehrenamt und in Vereinen und Einrichtungen aller Art stets ihr Bestes geben. Ihnen allen gebührt ebenfalls mein herzlicher Dank.