Sehr geehrter Herr Bürgermeister Schäfer, sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderats, sehr geehrte Damen und Herren der Presse, liebe Hemmingerinnen und Hemminger,
als ich vor dieser Haushaltsrede saß und mir dabei meine Rede des letzten Jahres in die Hände fiel, kam mir der Gedanke, dass ich den Anfang fast abschreiben könnte. Die Gründe sind schnell erklärt:
Wir leben weiterhin in unruhigen Zeiten. Staatsführer lassen sich durch ihre gesteuerten Parlamente zu Alleinherrschern erheben und drohen mit Waffen und Blut, oder erheben diese schon. Weltweit geltende Handelsabkommen werden über Nacht zu Makulatur erklärt, weil man denkt, nur dies könne der eigenen Wirtschaft helfen. Besonders schlimm ist dabei, wenn diese Führer und ihre Politik durch Mehrheiten ihrer Völker getragen werden.
In der EU breitet sich immer mehr nationalstaatliches Gedankengut aus- nach dem Brexit auch verstärkt in den osteuropäischen Ländern. Dabei ist gerade jetzt der Zusammenhalt der EU als demokratische, das heißt rechtsstaatliche Wertegemeinschaft wichtiger denn je. Das Auftreten als geschlossene EU gegenüber dem Rest der Welt ist als Verhandlungsposition, bei welchem Thema auch immer, unerhört wichtig.
Die EU zu erhalten wird von Deutschland ganz besonders seinen- speziell finanziellen- Tribut fordern. Da sich durch den Austritt Großbritanniens die Kräfteverhältnisse in der EU zugunsten der südeuropäischen Länder verschoben haben, wird Deutschland sicher Transferleistungen erbringen müssen, die es bisher immer abgelehnt hat. Wir wissen heute nicht, welche Belastungen auf Deutschland zukommen werden – in wirtschaftlich noch guten Zeiten.
Deshalb tun wir gut daran, uns in dem Bereich, den wir beeinflussen können, um ausgewogene Verhältnisse zu kümmern. Womit wir beim Hemminger Haushalt wären.
Leider ist es in Zeiten des Neuen Kommunalen Haushaltsrechts, der doppischen Abrechnung, meines Wissens noch keiner Gemeinde gelungen, solche ausgewogenen Verhältnisse sicherzustellen. Ein Grund dafür ist, dass in den Haushalt auch immer die Abschreibungen eingerechnet werden müssen und diese nach getätigten Investitionen, vor allem im Baubereich, naturgemäß ansteigen.
Im Jahr 2018 kann uns dies auch aus Gründen des nachlaufenden Finanzausgleichs noch nicht gelingen. Es holen uns in diesem Jahr bei der Berechnung der Umlagezahlungen die Steuernachzahlungen ein, die die Gemeinde 2016 erhalten hat. In Zahlen bedeutet dies, dass Hemmingen in diesem Jahr 7,2 Mio € an Umlagen und insgesamt 8 Mio € Transferaufwendungen bezahlen muss!
Daher wird für den Haushalt 2018 mit einem negativen Ergebnis von knapp 3 Mio € gerechnet.
Aber schon für 2019 stehen die Chancen besser, einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen, da für das Jahr 2017 ein negatives Ergebnis von 3,4 Mio € erwartet wird und die Höhe der Umlagen nach diesen Zahlen berechnet werden.
Zu den Umlagen kommen die Personalkosten, die bei 7,2 Mio € liegen, hinzu. Wobei anzumerken ist, dass von diesen allein 4,3 Mio € (das heißt 59 %) für die Kinderbetreuung anfallen.
Die der doppischen Haushaltsführung geschuldeten Abschreibungen betragen 1,4 Mio € und die Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen knapp 3 Mio €.
Zählt man diese Ausgaben alle zusammen, so kommt man zu einem Gesamtbetrag der ordentlichen Aufwendungen von knapp 20 Mio €, dem ein geplanter Einnahmebetrag von knapp 17 Mio € gegenübersteht, wenn die Gewerbesteuern in der erwarteten Höhe eingehen.
Wir haben als Gemeinde das Glück, dass auch in „fetten“ Jahren sparsam gewirtschaftet wurde und auf diese Rücklagen jetzt auch mit für die Finanzierung unserer großen Neubauten zugegriffen werden kann. So muss unsere Gemeinde keine Schulden machen.
Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass wir einer Erhöhung der Grundsteuer B – die Grundsteuer, die durch Hausbesitzer und Mieter aufzubringen ist – ohne Begeisterung, aber mit Einsicht in die Notwendigkeit- zugestimmt haben. Der Hebesatz steigt von 300 auf 340 Punkte, also um 13,3 %. Damit liegen wir im Kreis Ludwigsburg immer noch unter dem häufigsten Hebesatz von 360 Punkten.
Im vergangenen Jahr 2017 ist in unserer Gemeinde einiges in die Wege geleitet worden.
Der Friedhof, der Gröninger Weg, die Immanuel-Kant-Straße und die Eisenbahnstraße sind entweder ganz oder doch weitgehend fertiggestellt.
Der Kindergarten in der Seestraße wurde reaktiviert und im Kindergarten Hauptstraße ein neuer Gruppenraum als Ausweichraum geschaffen. Bisher musste er noch nicht genutzt werden, da das privat geführte Kindernest eine Gruppe für unter 3- jährige Kinder aufmachte.
Im Bau befindlich sind der Kindergarten Hälde mit 3 Wohnungen und das Feuerwehrgerätehaus, dessen Richtfest wir letzten Donnerstag bei trübem Wetter, aber in guter Laune, feiern durften.
Kein Neubau, aber ein dringend notwendiger Umbau war am „Gasthaus Schiff“ erforderlich. Damit konnte neu gekaufter, gemeindeeigener Wohnraum für die sogenannte Anschlussunterbringung von Migranten und für andere, durch die Gemeinde unterzubringende Personen, sichergestellt werden. Für 2018 sind weitere 48 Personen angekündigt. Wo immer möglich, sind dafür zusätzliche Wohnungen in Hemmingen anzumieten.
Da diese Maßnahme den Wohnungsmarkt verkleinert, plant die Gemeinde in der Hauptstraße ein Gebäude mit Sozialwohnungen und Plätzen zur Unterbringung von Asylbewerbern zu bauen. Diese Aufgabe wird uns also auch in diesem Jahr und darüber hinaus begleiten und wird für den Hemminger Haushalt weitere, jedoch unvermeidbare Belastungen verursachen.
Lassen Sie mich nun zu dem Thema kommen, das aktuell auf die Tagesordnung gelangt ist. Es geht um den baulichen Zustand unserer Grund- und Werkrealschule. Nachdem wir in den vergangenen Jahren viel getan haben, um die Schule zu sanieren und aufzuwerten, ist ein Missstand aufgetreten, der dringend angegangen werden muss. Es geht um den Schaden und die Reparatur des Gebäudes 3. Der dort aufgetretene Schaden ist nicht einmal neu, sondern schon seit mehreren Jahren bekannt. Wie jeder Wasserschaden verschlimmert er sich kontinuierlich.
Ich bin froh, dass ich durch den Antrag der FDP, und sicher auch das dadurch ausgelöste öffentliche Interesse, die Absicht befördert habe, diesen Missstand zu beseitigen. Im Interesse von Schülern und Kollegium, wie auch der Gemeinde, duldet die Reparatur keinen weiteren Aufschub. Es gilt nun, die Umsetzung schnell in Angriff zu nehmen. Ich werde zu diesem Thema nicht locker lassen.
Dieser Mangel in der Schule ist nicht der einzige an einem gemeindeeigenen Gebäude. Diese Erkenntnis greift auch im Gemeinderat mit Macht um sich. Das ist erfreulich.
Das für diese Aufgabe zuständige Bauamt muss neben der Betreuung bzw. Planung der Neubauten auch die Erhaltung des Bestandes als wichtige Aufgabe wahrnehmen. Dazu bedarf es nicht nur einer fortlaufenden Planung aktueller und zukünftiger Projekte, sondern auch eines laufenden Überblicks über den Zustand aller Gebäude und über die erforderlichen Maßnahmen zu ihrem Erhalt. Im Laufe der Diskussionen im Gemeinderat ist die Frage aufgekommen, ob es für diese Aufgabe des Bestandserhaltes eine zusätzlich anzuwerbende Fachkraft beim Bauamt anzusiedeln gilt, oder ob das Bauamt diese Aufgabe mit den heutigen Mitarbeitern erledigen sollte und kann.
Das Bauamt soll dem Gemeinderat einen aktuellen Überblick bezüglich der oben genannten Aufgaben und deren geplante Durchführung vorstellen. Ob das Bauamt diese Aufgaben mit der vorhandenen Besetzung erledigen kann, oder ob es dazu personell verstärkt werden sollte, kann im Anschluss diskutiert werden.
Ich komme nun zurück auf die weiteren baulichen Vorhaben. Nachdem die Bebauung der Hälde fast vollendet ist, wird ein Problem dringlicher: wie komme ich zu Fuß über die Gleise der Strohgäubahn? Schon länger herrscht Klarheit darüber, dass dazu zwei Querungen erforderlich sind, nämlich eine Unterführung zum Schlosspark und ein Fußgängerüberweg an der Schwieberdinger Straße. Die Planungen sind längst abgeschlossen. Wir warten auf die Genehmigung von Seiten des Regierungspräsidiums. Dann kann der Spatenstich erfolgen. Besonders für die Unterführung ist eine präzise Abstimmung mit dem Betrieb der Strohgäubahn erforderlich. Wenn alles gut geht, sollen die Arbeiten mit einer Stilllegung des Bahnbetriebs in den Sommerferien in Angriff genommen werden.
In der Hemminger Ortsmitte wird an die Stelle der heutigen Volksbank eine Anlage für betreutes, seniorengerechtes Wohnen und Tagespflege gebaut werden. Angesichts des demographischen Wandels ist das notwendig und begrüßenswert.
Durch die größere Überbauung des Grundstückes fallen Parkplätze im innerörtlichen Bereich weg. Folglich muss ein Konzept erarbeitet werden, diese an anderer Stelle einzurichten. Nun könnte man fragen, wozu braucht es eigentlich in der Hemminger Ortsmitte so viele Parkplätze? Die Antwort ist klar. Um die in der Ortsmitte gelegenen Praxen, Apotheken und Ladengeschäfte erreichen zu können, brauchen viele Menschen ein Auto. Viele, vor allem ältere Mitmenschen, sind weder zu Fuß noch mit Fahrrad dazu in der Lage. Außerdem wollen wir die Ortsmitte nicht veröden. Wir brauchen also Ersatz für die wegfallenden Parkplätze.
Hier bietet sich der Platz im Bereich Hauptstraße 4 und gegenüberliegend der Parkplatz an der Adlergasse an. Da dieser Bereich in der Ortsmitte sehr sensibel ist, sollte hierfür ein Gesamtkonzept erarbeitet werden. Wir begrüßen die Absicht, zur Gestaltung dieses gesamten Bereichs einen Architekturwettbewerb auszuschreiben. Im Gemeinderat haben wir aus diesem Grund zugestimmt.
Was tut sich in Hemmingen auf dem Gewerbesektor? Es ist noch gar nicht so lang her, dass der Gemeinderat seine Zustimmung zu dem Bau des Hochregallagers der Firma Helukabel gegeben hat. Dies geschah nach eingehender Diskussion und mit einem Rest Unsicherheit, wie dadurch der Charakter der Ortseinfahrt von Münchingen kommend, verändert würde. Heute können wir sagen, dass die Entscheidung allgemein angenommen ist. Eine attraktive Gestaltung, dank einer guten Architektur mit Augenmaß, war dafür Voraussetzung.
Nun beabsichtigt die Firma Helukabel, ihre Verwaltungszentrale nach Hemmingen zu verlegen. Dazu möchte sie ein neues Verwaltungsgebäude errichten, das an der freien Stelle vor den Hochregallagern nördlich der Münchinger Straße läge. Die dem Gemeinderat vorgelegten Pläne zeigen ein für seine Größe erstaunlich ansprechendes, nicht dominant wirkendes Gebäude, das unseres Erachtens die Ortzufahrt an dieser Stelle eher aufwerten wird. In jedem Fall würden an dieser Stelle anspruchsvolle Arbeitsplätze geschaffen, was unbedingt zu begrüßen ist.
Eine Folge der Schaffung dieser Arbeitsplätze ist die Notwendigkeit, den Mitarbeitern Parkplätze zur Verfügung zu stellen. Dafür kommt nur ein Bereich östlich der Schlosshaldenstraße infrage. Aus diesem Grund kam der Gemeinderat nicht umhin 0,86 Hektar Ackerland für diesen Zweck umzuwidmen.
Weitere Baumaßnahmen stehen Hemmingen bevor. Im laufenden Jahr werden uns die Planungen zur Sanierung der Seestraße und zur Errichtung eines neuen Bauhofs in Anspruch nehmen. Darüber hinaus geht es um den Ausbau der Sekundarstufe 1 der Glemstalschule in Schwieberdingen, was auch von uns bezüglich Planung und Kosten im Verbund mit Schwieberdingen gestemmt werden muss. Damit möchte ich den Bogen zu einem weiteren Thema der Bildung für junge Menschen schlagen: die Kleinkinderbetreuung und –erziehung.
Das Thema Kindergartengebühren hat den Gemeinderat, Öffentlichkeit und die betroffenen Familien im vergangenen Jahr intensiv beschäftigt und tut es immer noch. Es geht dabei um die Änderung – sprich im Allgemeinen: Erhöhung – der Kindergartengebühren. In dieser Frage haben wir es uns nicht leicht gemacht. Und wir möchten, dass uns auch die Eltern, die nun mehr zahlen müssen, als Vertreter der Gesamtgemeinde verstehen.
Zunächst die Situation: Die Kinderbetreuung im Vorschulalter kostet in der Gemeinde Hemmingen im Jahr knapp 6 Mio. €. Der Löwenanteil, nämlich 4,3 Mio. € davon sind Personalkosten, 1,4 Mio. € sind umgelegte Abschreibungskosten und Verwaltungsaufwand. Diese Personalkosten machen, wie schon erwähnt, knapp 60 % der gesamten Personalkosten der Gemeinde Hemmingen aus. Dass wir diese Personalkosten stemmen, ist unserem Ziel geschuldet, eine hohe Qualität in der frühkindlichen Erziehung und Bildung sicherzustellen.
Der Gemeinderat beschloss am 18.7. 2017 die Gebühren zu erhöhen. Von den Gesamtkosten leisteten die Eltern bisher etwa 10%. Die Empfehlung der Trägerverbände, nämlich kommunale Landesverbände und kirchliche Kindergartenträger, lautet aktuell 20%. Davon sind wir also weit entfernt. Auch die Erhöhung der Elternbeiträge hat durch die allgemeine Kostensteigerung den Elternanteil von knapp 10 % bisher nicht verändert.
Aus organisatorischen Gründen musste die Ganztagsbetreuung von der Wahl zwischen 2,3 und 5 Tagen auf 3 oder 5 Tage begrenzt werden. Leider ergaben sich dadurch in wenigen Fällen unerwartete kostenmäßige Härtefälle. Diese werden durch den Familienpass III abgemildert. Am Rande sei angemerkt, dass bis zum Januar 2018 nur 10 Anträge diesbezüglich gestellt wurden.
Die eingesetzte Arbeitsgruppe „Kinderbetreuung“ – bestehend aus Mitgliedern der Gemeindeverwaltung und je 1 Vertreter der im Gemeinderat vertretenen Parteien – bearbeitet seit November 2017 folgende Themenbereiche: bedarfsgerechter Ausbau und Erhalt der Qualität der Kinderbetreuung, Finanzierbarkeit und die Prüfung einkommensabhängiger Gebühren. Ziel dieser Arbeitsgruppe ist es, bis Ende April Lösungen zu den oben genannten Themen zu erarbeiten, wobei anzumerken ist, dass dieser Termin sehr sportlich ist.
Nur schweren Herzens haben wir die Erhöhung von Gebühren beschlossen, die doch ausschließlich Familien betreffen. Aber im Zusammenhang mit stetig steigenden Kosten der Kinderbetreuungseinrichtungen auf der einen Seite und zurückgehenden Einnahmen der Gemeinde auf der andern Seite, dabei mit dem wichtigen Ziel, unseren Kindern nicht nur eine optimale Betreuung, sondern auch für ihre Zukunft eine schuldenfreie Kommune zu hinterlassen, veranlasste uns, dieser maßvollen Erhöhung zuzustimmen.
Entscheidend ist bei allem unser erklärtes Ziel, das hohe Niveau in unseren Kindertagesstätten zu erhalten, sowohl auf Seiten der Mitarbeiter, als auch bei der Ausstattung der Einrichtungen. Das kommt jetzt und zukünftig direkt allen Hemminger Kindern dort zugute.
Abschließend ist es mir auch heute bei dieser Gelegenheit ein Anliegen, den vielen Menschen zu danken, die sich ehrenamtlich in unserer Gemeinde auf großartige Weise bemühen. Einige tun dieses für Kinder, andere für Jugendliche und wiederum andere für unsere älteren Mitbürger oder für Flüchtlinge. Dieses Engagement ist vorbildlich und keineswegs selbstverständlich. Es füllt unsere Gemeinde mit Leben und macht sie zur liebenswerten Heimat.
Ihnen, Herr Bürgermeister Schäfer, unserem Kämmerer, Herrn Etzel, und den weiteren beteiligten Personen der Gemeindeverwaltung danke ich für die Erstellung dieses, wie immer, enormen Zahlenwerks.
Ich denke, dass wir gemeinsam all unsere Bemühungen darauf gerichtet haben, in diesem Haushalt unseren Möglichkeiten und auch den Erfordernissen und Erwartungen gerecht zu werden.
Die FDP stimmt dem vorliegenden Haushaltsplan und dem Wirtschaftsplan Wasser und Abwasser zu.
Dieser Haushalt ist das Ergebnis einer realistischen und engagierten Zusammenarbeit von Bürgermeister, Verwaltung und Gemeinderat im Interesse von Hemmingen und seinen Bürgerinnen und Bürgern. Dafür Dank an alle Beteiligten.
Allen Anwesenden danke ich für Ihre Aufmerksamkeit.
Für die FDP
Barbara von Rotberg
27.03.2018