Liebe Freunde, Interessenten und Mitglieder der Freien Demokraten,
in den drei Landtagswahlen 2017 haben die Freien Demokraten eine hervorragende Ausgangslage geschaffen, um das große Ziel zu erreichen: den Einzug in den Bundestag, und damit liberaler Politik wieder eine Bedeutung in Deutschland zu verschaffen.
Im Saarland haben wir das Wahlziel verfehlt, die Stimmenzahl aber immerhin verdreifacht. Dann kamen die großen Erfolge in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Die Choreographie hätte nicht besser sein können: Die Länder, in denen die beiden Spitzenleute der FDP Lindner und Kubicki kandidieren, wählen direkt vor der Bundestagswahl. Die beiden haben ihr Soll erfüllt: 11,5% und 12,6% sind Zahlen, die Mut machen.
+++ Viel ist in diesem Jahr passiert: Merkel und die CDU wurden wieder populär. Die SPD hat den Schulz-Kater, weil sie versäumte, den Hype mit konkreten Inhalten zu füllen. Die Grünen starren auf die 5%-Hürde, die AfD ist im Rückwärtsgang wegen interner Querelen. Klar ist aber, dass die Wählerstimmung in den vier Monaten bis zur Bundestagswahl kippen kann. Bricht Merkels Pakt mit der Türkei? Kommt es zu Ereignissen à la Köln oder gar zu Anschlägen, oder lodert die Griechenlandkrise wieder auf, kommt Italien in Probleme?
+++ Als unberechenbar erweist sich Donald Trump. Er lebt er in seinem eigenen Orbit und ist nicht zu zähmen. Merkel hat seine Vorlage genutzt und hat ihm – was sonst nicht ihre Art ist – öffentlich in einem Bierzelt in Bayern die Leviten gelesen. Man weiß, dass Merkel solche Aussagen mit Bedacht macht, zumal vor einer Wahl. Die für sie ungewöhnliche öffentliche Distanzierung vom amerikanischen Präsidenten ist populär und nimmt der SPD den Raum für eine eigene Anti-Trump-Position. Aber: können Deutschland und Europa wirklich auf die USA verzichten? Die Realität der Sicherheits- und Verteidigungspolitik spricht eine andere Sprache.
Ein Zusammenrücken Europas ist als Antwort auf Trump und als Unterstützung für Macron plausibel. Doch die entscheidende Frage ist: welches Europa schaffen wir? Um die Metapher des europäischen Hauses zu verwenden: Gewiss ist die Absicht gut, gemeinsam ein Haus zu bauen, in dem jeder sicher und behütet leben kann. Die entscheidende Frage ist aber, wie wird das Haus real gebaut? Wird es solide gebaut, damit es viele Jahre sicher steht – oder wird es – was bisher die Realität war – auf einem unsicheren Fundament gebaut, ohne Berechnungen eines Statikers und mit schlechten Materialien?
Die SPD wird Ihr Kernthema der sozialen Gerechtigkeit ergänzen müssen. Die Landtagswahlen zeigten, dass es der Wählerschaft nicht zu vermitteln ist, Deutschland als Land der sozialen Ungerechtigkeit zu inszenieren. Die SPD findet zwischen der Linken, den Grünen und der CDU mit ihren Inhalten keinen klaren Platz im Parteiengefüge. Ihr angekündigtes Wahlprogramm ist kein Befreiungsschlag. Neue Themen wie Innovation und Zukunft, ebenso Familiensplitting oder Familienarbeitszeit und auch die innere Sicherheit werden genannt, bleiben aber auf Schlagwort-Ebene.
Deutlich wird bei all dem links-soziale Weltbild: Zuerst gibt es den Staat, dann die Menschen. Die „Fürsorge“ und die Regeln des Staates lenken den Einzelnen. Für die Liberalen sind zuerst die einzelnen Menschen da und diese organisieren sich in einem Staat. Zuerst gilt das Recht – und die Verantwortung – des Einzelnen, sein Leben zu gestalten. Der Staat muss dies respektieren und gewährleisten, in dem er das Miteinander ordnet und für soziale Absicherung sorgt.
+++ Stärker in den Blick gerät zur Zeit das Thema Staatseinnahmen. Der Staat nimmt sich immer mehr vom finanziellen Kuchen; für die Bürger bleibt weniger übrig. Die Steuerquote (ohne Sozialabgaben) gemessen an der Wirtschaftsleistung ist unter Merkel als Kanzlerin um 2,8%-Punkte gestiegen, auf ca. 22,5% in diesem Jahr. Was bedeuten diese abstrakten Zahlen? Sie bedeuten, dass die Bürger im Vergleich zu einer konstanten Steuerquote rund 60 Mrd. € im Jahr mehr zahlen. Hinzu kommt, dass der Staat durch die niedrigen Zinsen 40 Mrd. € weniger für die Schulden zahlen muss; diese enorme Summe hat er einfach einbehalten. Auch darf man nicht vergessen, dass die Bürger und die Wirtschaft jährlich rund 30 Mrd. € für Erneuerbare Energie inkl. Netzentgelt etc. zahlen, die der Staat in eleganter Weise nicht über seine Bücher führt.
Fazit: Die CDU ist die Partei immer höherer Staatseinnahmen und kein Finanzminister hat den Bürgern jemals so tief in den Geldbeutel gegriffen wie Schäuble. Jetzt vor der Wahl redet er plötzlich von einer Steuerentlastung von 15 Mrd. € im Jahr. Doch auch damit wird die Steuerquote steigen. Um sie auch nur konstant zu halten, müsste die jährliche Entlastung 25 Mrd. € betragen. Also passt die FDP-Forderung einer jährlichen Steuerentlastung von 30 Mrd. €.
+++ Auch das Land Baden-Württemberg wird deutlich mehr Steuern einnehmen, als vor einem halben Jahr geschätzt: von 2017-2019 jedes Jahr 500 Mio. €. Jetzt endlich (!) sollen Schulden abgebaut werden. Zuvor, bei den letzten Haushaltsberatungen, hat grün-schwarz den Unsinn der ,impliziten Verschuldung‘ erfunden (Beseitigung von Investitionsstau umdefiniert als impliziter Schuldenabbau), um Ausgaben als Einsparungen zu titulieren.
+++ Die Energiewende, die rot-grün-schwarz als planwirtschaftliches Monstrum konstruierten (und wogegen die FDP zu wenig opponierte), erleidet im Moment ein symbolhaftes Scheitern mit der Insolvenz der Firma Solarworld. Schlüsselfigur ist Frank Asbeck. Der schillernde Ingenieur, Gründungsmitglied der Grünen, gründet 1998 das Unternehmen Solarworld. Es stellt Solarzellen, andere Komponenten sowie ganze Anlagen für die Photovoltaik her. 1999 geht es an die Börse. 2008 erregt Asbeck Aufsehen mit dem Vorhaben, Opel zu kaufen.
2000 beschließt Rot-Grün das Erneuerbare-Energien-Gesetz. Den Betreibern von Solaranlagen werden gigantische Subventionen auf 20 Jahre garantiert. 2017 sind das rd. 25 Mrd. €. Zahlen müssen das die Stromkunden über die EEG-Umlage. Auf dieser Basis werden Wind- und Sonnenenergie-Unternehmen zuhauf gegründet, Umsatz und Gewinn explodieren. Fast jedes Unternehmen wird zu einer Goldgrube. Deutschland wird EEG-Weltmeister: 2007 wird jede dritte Solarzelle der Welt bei uns hergestellt und jedes zweite Windrad. Inzwischen ist die Euphorie verflogen, das Jobwunder hat sich in Luft aufgelöst, viele deutschen Firmen sind insolvent oder ausgestiegen. Doch die deutschen Stromkonsumenten zahlen immer noch die gigantischen Subventionen. Doch das Geld fließt vor allem nach China, das inzwischen die meisten Solarzellen herstellt.
Wer hat profitiert? Auf jeden Fall der Grüne Asbeck. Er hat rechtzeitig viele seiner Aktien verkauft, ist Milliardär und hat ein Schloss samt Jagdrevier über dem Rhein und das Bundesverdienstkreuz.
+++ Interessant ist in diesem Kontext eine Studie der Universität Köln. Sie zeigt, wie viel es kostet, in Deutschland eine Tonne CO2 einzusparen. Mit Photovoltaik kostet es 400 €, mit Windenergie in der Nordsee 135 €, an Land 50 €. In konventionellen Kraftwerken kostet die Vermeidung einer Tonne CO2 etwa 6 €. Deutschland vergeudet sein Geld also dadurch, die teuersten Verfahren der CO2-Reduzierung zu subventionieren. Der Umwelt wäre viel mehr gedient, wenn Berlin Verschmutzungsrechte im europäischen Emissionshandel kaufen und diese dann vom Markt nehmen würde
+++ Meldung aus Griechenland: Der frühere Chef des griechischen Statistikamts, Georgiou, wurde wegen Verleumdung zu Haft auf Bewährung verurteilt. Neu ins Amt gekommen bezeichnete er die von Griechenland an die EU gemeldeten Daten zur griechischen Staatsverschuldung als „betrügerisch“. Gegen seine Vorgänger, die jahrelang die griechischen Daten fälschten, wird nicht ermittelt.
+++ Um Italien ist in der Öffentlichkeit still geworden. Doch das Land mit horrenden Schulden und starren Strukturen ist ein Riesenproblem für Europa. Experten sehen zwei Optionen: Entweder akzeptiert die EU, dass die EZB die Geldschwemme und die niedrigen Zinsen beibehält oder die EU muss Italien entlasten – über die Vergemeinschaftung von Schulden oder einen Schuldenschnitt. Andernfalls drohen Turbulenzen: Denn zwei Billionen Euro Schulden, für die Italien an den Börsen immer wieder neue Kreditgeber finden muss, sind kein Pappenstiel.
Henning Wagner