Schulpolitik: Wir brauchen Vielfalt, Vertrauen und Qualität 15.12.2014, von Judith Skudelny

Ziel der FDP Baden-Württemberg ist es eine vielfältige Schullandschaft zu schaffen, die dauerhaft fort entwickelt wird und unseren Kindern höchste Bildungsstandards bietet.

In diesem Sinne waren und sind die von der grün-roten Landesregierung überstürzt eingeführten Reformen ein Schritt zurück. Was zunächst als wichtiger Entwicklungsschritt begonnen wurde, hat sich unterwegs zum bildungspolitischen Problem entwickelt – Eltern, Lehrer, Schüler und nicht zuletzt kommunale Mandatsträger rebellieren gleichermaßen gegen die Reformen der Landesregierung.

Von rechts nach links: Judith Skudelny, Dr. Timm Kern, Michael Theurer, Hans-Ulrich Rülke

Von rechts nach links: Judith Skudelny, Dr. Timm Kern, Michael Theurer, Hans-Ulrich Rülke

Die Liberale Antwort auf die Fragen der Zeit kann dennoch nicht das Zurückdrehen aller Reformen sein, wie es der ein oder andere aus der CDU fordert. Obwohl viele protestieren, haben doch einige auf die Reformen der Landesregierung vertraut und bauen auf diese. Unter dem Stichwort „Verlässlichkeit“ muss das entstandene System langsam in die richtige Richtung gesteuert werden. Um dies zu erreichen, werden wir Liberale alles Notwendige tun.

Im Zuge dieser Bemühungen fand auf unsere Anregung am vergangen Samstag (13.12.2014) in der Stadtbibliothek in Stuttgart ein Gespräch über einen Schulfrieden in Baden-Württemberg mit der SPD und den Grünen statt, um Gemeinsamkeiten auszuloten.

Für uns stand besonders im Fokus, welche dringend notwendigen Schritte einvernehmlich durchgeführt werden können. Aus unserer Sicht sollten diese vorgezogen werden, um mit einer größtmöglichen Unterstützung im Landesparlament eine Kontinuität auch über die nächsten Wahlen hinaus zu gewährleisten.

Ein Kernthema war hier die Inklusion, mit Blick auf den Erhalt der Sonderschulen. Hier geht es der FDP vor allem darum, dass die hohe Qualität und die besondere Förderung, die in Sonderschulen möglich ist, nicht dem absoluten Vorrang der Inklusion in Regelschulen geopfert wird. In diesem Punkt haben auch die Parteien der Landesregierung Handlungsbedarf gesehen und wollen die Vielfältigkeit und die Entscheidungsmöglichkeiten der Schüler und Eltern weiter erhalten.

Ein weiterer Punkt bei den Gesprächen war die Diskussion um die, von Grün-Rot abgeschaffte Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung. Gerade die aktuell gestiegene Sitzenbleiberquote in diesem Bereich ist für uns auf Dauer nicht tragbar. Im Gespräch wurde deutlich, dass alle einen Handlungsbedarf ausmachen, allein der Zeitrahmen und die Mittel, mit welchen das Problem angegangen wird, müssen noch diskutiert werden.

Während die Landesregierung ab dem kommenden Schuljahr eine Kompetenztestanalyse am Anfang der fünften Klasse einführen will, legte unser bildungspolitischer Sprecher Dr. Timm Kern dar, dass doch alle Informationen über die Schüler bereits in der Grundschule vorliegen. Diese müssen nur an die weiterführenden Schulen weitergegeben werden. Damit wären die Lehrer zumindest in der Lage, sich auf die unterschiedlichen Kompetenzen der Schüler einzurichten. Darüber hinaus ist eine verpflichtende Beratung der Eltern vor der Anmeldung der Kinder an einer weiterführenden Schule eine Möglichkeit, die Zahl der überforderten Schüler zu verringern.

Für uns Liberale sind die Elternrechte wichtig, noch wichtiger ist für uns jedoch das Recht eines jeden Kindes auf eine passende, leistungsgerechte und fördernde Schule. Dass so viele Kinder wie jetzt bereits in der fünften Klasse schulische Misserfolge erfahren, ist für uns nicht hinnehmbar. Wir streben daher eine schnelle Lösung dieser Situation an. Die Landesregierung sieht das Problem, will hier jedoch nur langfristig tätig werden – in weiteren Gesprächen werden wir an diesem Punkt dranbleiben!

Als weiteren wichtigen Punkt gilt es festzuhalten, dass in manchen Bereichen keine Einigkeit erreicht werden konnte. So beispielsweise bei der Ressourcenausstattung, bei der wir uns dafür einsetzen, dass die Gemeinschaftsschulen nicht einseitig bevorzugt werden sollen. Zudem ist es von besonderer Bedeutung, dass wir an der schulpolitischen Vielfalt festhalten und das von der Landesregierung angestrebte Zwei-Säulen-Modell mit Gymnasium und einer integrativen Schule ablehnen. Für uns stand im Mittelpunkt, dass es keinen ideologiebehafteten Streit geben darf, der durch die Klassenzimmer geht. Wir wollen weg von einer Ideologiedebatte hin zu einer Qualitätsdebatte.

Raus aus den ideologischen Schützengräben und in sachlichen Gesprächen das Beste für die Kinder in Baden-Württemberg erreichen! Daher sehen wir mit unserer Bereitschaft den Auftakt für einen ernsthaften und zielorientierten Dialog gemacht und wollen die Gespräche über einen Schulfrieden fortführen. Auch bleibt die ausgestreckte Hand in Richtung CDU, die sich diesmal den Gesprächen verweigert hatte.

Anbei sende ich Ihnen die zentralen Punkte, mit welchen wir in die Gespräche gegangen sind sowie einige Hintergrundmaterialien zu Ihrer Verfügung:

  • Eine echte Existenz- und Entwicklungsperspektive für die Realschulen. Eine Einführung der Gemeinschaftsschule durch die Hintertür beispielsweise durch ein Abschaffen von Noten und Sitzenbleiben darf es nicht geben.
  • Bestandschutz nicht nur für die Gemeinschaftsschule, sondern für alle bestehenden weiterführenden Schularten. Über die konkrete Ausgestaltung des Schulangebots wird vor Ort entschieden, das heißt insbesondere, ob bestehende Haupt-/Werkrealschulen und Realschulen fortgeführt oder Verbundschulen aus Haupt-/Werkrealschulen und Realschulen unter einem Dach gebildet werden sollen.
  • Faire Wettbewerbsbedingungen bei der Ressourcenausstattung der unterschiedlichen Schularten. Privilegierungen einzelner Schularten darf es nicht geben.
  • Verzicht auf eine gymnasiale Oberstufe an Gemeinschaftsschulen. Mit den allgemeinbildenden Gymnasien und den beruflichen Schulen gibt es bereits ein breites Angebot von Wegen zur Erlangung der Hochschulreife – Wege, die es zu stärken gilt.
  • Pädagogische Freiheit für die Gemeinschaftsschulen. Beispielsweise sollen sie Kurse auf unterschiedlichen Leistungsniveaus einrichten können.
  • Keine Vereinbarung, dass auf eine Wiedereinführung der verbindlichen Grundschulempfehlung dauerhaft zu verzichten ist. Wenn trotz aller Anstrengungen die Sitzenbleiberquote nicht sinkt, darf eine Wiedereinführung der verbindlichen Grundschulempfehlung nicht tabu.
  • Echte Wahlfreiheit bei den Ganztagsschulen. Neben der von Grün-Rot favorisierten verbindlich- rhythmisierten muss auch die offene Form der Ganztagsschule mit Vormittagsunterricht und freiwilligen Angeboten am Nachmittag ins Schulgesetz aufgenommen werden.

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